Plötzlich Home-Office wegen einer Pandemie. Ein Resümee.




Februar 2020:
Die Corona-Pandemie 2020 hat Deutschland erreicht. Erste Fälle treten auf. Besonders in Heinsberg, weil man dort Karneval gefeiert hat. Ich mache mir keine Sorgen.

2. März 2020:
Krisenstab bei meinem Arbeitgeber. Wir sprechen von 130 Fällen in Deutschland - besonders NRW. Kein Grund zur Panik. Ich lächele über den Krisenstab. Bitte an Arbeitnehmer: Hygienemaßnahmen und Hust- und Niesettikette berücksichtigen. Eine Info-Webseite wird erstellt. Natürlich treffen sich weiterhin alle zu Meetings und Co.

12. März 2020:
Ich absolviere noch die jährliche Sicherheitsunterweisung bei meinem Arbeitgeber. Erste Kollegen trauen sich schon nicht mehr in einem Raum mit vielen zu sein. Ich halte die Panikmache für völlig übertrieben und lächele darüber.

16. März 2020:
Der Krisenstab tagt erneut. Jetzt schon deutlich mehr Fälle in Deutschland. Sprunghaftes Wachstum und so. Langsam wird mir das Ausmaß des Virus bewusst und ich fange an, die Situation neu zu bewerten. Der Personalrat tagt mit einer Sondersitzung.

17. März 2020:
Weisung des Arbeitgebers ab sofort im Home-Office zu arbeiten, sofern möglich und das bis zum 20. April 2020. Die, die noch ins Büro gehen wollen oder müssen, müssen sich an strikte Vorgaben halten. Anweisung keine Überstunden mehr zu machen und wenn möglich Überstunden abzubauen. Ich räume mein Büro, nehme mir viel Arbeit mit nach Hause - schließlich ist in den letzten Jahren immer wieder mal etwas liegen geblieben, so dass man in der Ruhe des Home-Office Zeit hat dies abzuarbeiten. Prima Gelegenheit. Man verabschiedet sich mit einem lachenden und einem weinenende Auge von den Kollegen - endlich mal Ruhe vor denen, aber auch mit der Angst, sie evtl. nicht mehr oder zumindest für lange Zeit nicht mehr wiederzusehen.

18. März 2020:
Erster Tag im angewiesenen Home-Office: Ich konnte fast eine Stunde länger schlafen als sonst. Nach dem Frühsport genieße ich es mich nicht schminken zu müssen und kann in der Jogginghose vor dem PC sitzen. Klasse! Für den ersten Tag schon viel vorgenommen von meiner To-Do-Liste, aber daran war gar nicht zu denken. Viele, sehr viele Telefonate mit dem Vorgesetzen und unerwartete adhoc-Aufgaben. Mache doch Überstunden, weil viel Arbeit. Ok, dann morgen aber ran an die Liste und dann keine Überstunden.

19. März 2020:
Frühsport auf dem Ergometer. Heute aber. Heute schaffst du mindestens zwei Dinge deiner Liste. Beginne mit dem jüngst auf die Liste gekommenen Thema. Aber auch heute wieder so viele Telefonate und neue Aufgaben, dass an die Ruhe im Home-Office nicht zu denken ist. Mache erneut Überstunden.

20. März 2020:
Frühsport auf dem Ergometer. Heute ganz bestimmt. Deine Liste ist doch so lang. Beende das jüngst auf die Liste gekommene Thema und versende es. Fühlt sich sehr gut an! Will das nächste Thema angehen, aber da sind die vielen Telefonate und jetzt auch noch Videokonferenzen. Also doch morgens wieder etwas mehr darauf achten, wie man sich vor den PC setzt. Heute keine Überstunden. Bin am frühen Nachmittag offline, um das Wetter zu genießen und Überstunden abzubauen.

21. März + 22. März 2020:
Das Wochenende genieße ich mit einer Wanderung am Samstag und dem süßen Nichtstun am Sonntag. Erste Versuche von Videotelkefonie mit dem 3jährigen Neffen. Der findet das Smartphone an sich aber doch interessanter als seine Tante am anderen Ende der Leitung. Zumindest ein säuseliges "Die vermiss ich" sagt er zu meinem Bruder. Fast nicht zu hören. Hach, da hüpft das Herz.

23. März 2020:
Die erste lange Arbeitswoche im Home-Office startet. Ob ich heute an meine Liste denken kann? Natürlich nicht, denn weitere neue Aufgaben sind dazu gekommen und verlangen ihre Aufmerksamkeit. Mache wieder Überstunden.

24. März + 25. März + 26. März 2020:
Diese Tage unterscheiden sich nicht vom Anfang der Woche.

27. März 2020:
Ich gönne mir erneut einen frühen Feierabend. Überstundenabbau.

28. März + 29. März 2020:
Erneute Wanderung am Samstag mit abendlichem ersten Grillen für 2020. Das Wetter ist zu schön. Den Sonntag verbringe ich mit Brett- und Kartenspielen mit dem Liebsten. Einige Spiele haben eine so dicke Staubschicht auf dem Deckel, dass ich mich ernsthaft frage, ob die jemals benutzt wurden?

30. März 2020:
Probiere das erste Mal Microsoft Team aus und bin begeistert. Das ist ein gutes Tool für die Zusammenarbeit und schont den betrieblichen Skype-Server, der mitunter etwas Probleme hat. So manche Arbeitspakete können besprochen und verteilt werden. Am Ende des Tages habe ich doch wieder ein bisschen zu viel gearbeitet.

31. März 2020:
Ein fast normaler Arbeitstag. Ich komme wieder nicht zu meiner To-Do-Liste, aber langweile mich auch nicht. Wieder ein bisschen zu viel gearbeitet.

01. April 2020:
Ein Sache meiner To-Do-Liste wird angefangen. Ich kann es kaum glauben. Ich werde nicht ganz fertig und freue mich morgen daran weiterarbeiten zu können. Am Ende des Tages kaum Überstunden.

02. April 2020:
Erneute Skype-Besprechung mit Video-Option. Ich möchte nicht gesehen werden, irgendwie finde ich das immer noch befremdlich, freue mich aber die Kolleginnen und Kollegen zu sehen. Nur wenige Minuten zu viel gearbeitet. Habe mein Thema von der To-Do-Liste abgearbeitet.

03. April 2020:
Freitag, das ist gut. Die Woche war irgendwie anstrengend - viel telefoniert. Freitags nutze ich den Tag, um meine Überstunden abzubauen und genieße am frühen Nachmittag schon das Wochenende.

04. April + 05. April 2020:
Das Wochenende beginnt gaaaanz ruhig. Gemütlich gefrühstückt, ein paar Folgen der Lieblingsserie auf Netflix, dann aufräumen. Viel Zeit zu Zweit und das ist schön. Den Sonntag nutze ich wieder für eine Wanderung. Das Wetter zieht mich vor die Tür. Die Seele kann baumeln.

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17. Juni 2020
Irgendwie hat sich in all den Monaten am Arbeitspensum nicht viel geänert. Viele adhoc Aufgaben oder "Kannst du mal eben" und die schöne To-Do-Liste bleibt in der Schublade. Vielleicht ist das dann mal etwas für richtig schlechte Zeiten ...

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September 2020
Die Option auf Home-Office wird bis zum Ende des Jahres ausgedehnt. Seit einem halben Jahr bin ich nun zu Hause und es folgen weitere Monate. Weniger Arbeit habe ich aber natürlich nicht.

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